Abwehrmechanismen: Unterschied zwischen den Versionen
Daniel (Diskussion | Beiträge) |
Daniel (Diskussion | Beiträge) |
||
Zeile 93: | Zeile 93: | ||
| unerfüllbarer Wunsch erscheint in entstellter Form, wird dadurch als fremd erlebt → häufig bei Zwangsstörungen (z.B. Aggression/Todeswunsch gegen Vater → Angst, jemanden aus Versehen im Straßenverkehr zu verletzen) | | unerfüllbarer Wunsch erscheint in entstellter Form, wird dadurch als fremd erlebt → häufig bei Zwangsstörungen (z.B. Aggression/Todeswunsch gegen Vater → Angst, jemanden aus Versehen im Straßenverkehr zu verletzen) | ||
|- | |- | ||
| Affektisolierung | | '''Affektisolierung''' | ||
| Fehlen/Dämpfung eines normalerweise spontan auftretenden Gefühls in einer bestimmten Situation | | Fehlen/Dämpfung eines normalerweise spontan auftretenden Gefühls in einer bestimmten Situation | ||
|- | |- | ||
| | | '''Ungeschehenmachen''' | ||
| unwirksame Handlungen/Rituale (z. B. auf Holz klopfen) → magisches Denken, Aberglaube | |||
|- | |||
| '''Projektion''' | |||
| Triebimpuls/Motiv/Absicht wird anderer Person zugeschrieben | |||
|- | |||
| Projektive Identifizierung | |||
| "negative" Selbstanteile (meist Aggression) wird abgespalten, auf Gegnüber projiziert, dann wird Gegenüber so manipuliert, dass es sich entsprechend verhält (sich mit der Projektion identifiziert), um dann den abgespaltenen Anteil im Gegenüber zu bekämpfen → intrapsychischer Konflikt wird wird interpersonell inszeniert / externalisiert → Stabilisation des innerpsychischen Gleichgewichjts auf Kosten der Beziehung zu anderen; typisch für [[Borderline]] | |||
|} | |} | ||
=== Introjektion und Identifikation === | === Introjektion und Identifikation === |
Version vom 22. Januar 2016, 11:56 Uhr
Grundlagen
- Abwehr = Unbewusstmachen von psychischen Inhalten, Impulsen, Normen
- Ziel: Schutz des Ichs gegen Triebansprüche = Es-Regungen unter Einfluss des Über-Ich
- prinzpiell normal, nur pathologisch, wenn dadurch Einschränkung der Selbstwahrnehmung und Realitätsbewältigung
- Ziel der Therapie grundsätzlich Ich-Stärkung → Selbstwahrnehmung, Integration von Impulsen → Bewusstmachung der Abwehr als zentrale Methode
- Gründe:
- Realangst
- Über-Ich-Angst
- Angst vor Triebstärke
- Formen:
- Triebabwehr
- Affektabwehr
- permanente Abwehr → erstarrte Abwehrmechanismen, "Charakterpanzerung" (Wilhelm Reich)
- neurotische Symptombildung
Stufen nach Funktionsniveau
Stufe | Mechanismen | Selbstgefühl, Ich-Identität | Objektbeziehung | Realitätsprüfung |
---|---|---|---|---|
"reif" gesund |
|
|||
neurotisch |
|
integriertes Selbstkonzept, ungestörte Ich-Identität | Trennung von Selbst und Objekt | intakt |
unreif Borderline |
|
Identitäsdiffusion | partielle Verschmelzungsfantasien, teilweise angewiesen auf real präsentes Objekt | weitgehend erhalten |
psychotisch |
|
Identitätsdiffusion | totale Verschmelzungsfantasien, angeweisen auf real präsentes Objekt | aufgehoben |
Abwehrformen
Name | Mechanismus |
---|---|
Verdrängung | Unbewusstmachen psychischer Inhalte und Affekte → Zurückweisen von Impulsen. "Grundabwehr", kann bei jeder Abwehrleistung vorhanden sein. DD Unterdrückung = willentlich-bewusst |
Verleugnung | Unbewusstmachen äußerer Reize, Bedeutung wird emotional nicht erlebt und rational nicht anerkannt |
Vermeidung | vermeiden von Schlüsselreizen, die Triebregungen verursachen könnten |
Verschiebung | beängstigende Affekte, Phantasien, Impulse auf eine Person werden auf eine andere verschoben |
Regression | Rückzug frühere Entwicklungsstufe der Ich-Funktion → Trotzverhalten, Fresslust, Versorgungswünsche |
Reaktionsbildung | Abwehr eines unbewussten Triebimpulses durch entgegengesetzte Verhaltensweise/Motive, z.B. Mitleid statt Aggression; kann bewusst, unbewusst oder teilweise bewusst sein |
Isolierung | unerfüllbarer Wunsch erscheint in entstellter Form, wird dadurch als fremd erlebt → häufig bei Zwangsstörungen (z.B. Aggression/Todeswunsch gegen Vater → Angst, jemanden aus Versehen im Straßenverkehr zu verletzen) |
Affektisolierung | Fehlen/Dämpfung eines normalerweise spontan auftretenden Gefühls in einer bestimmten Situation |
Ungeschehenmachen | unwirksame Handlungen/Rituale (z. B. auf Holz klopfen) → magisches Denken, Aberglaube |
Projektion | Triebimpuls/Motiv/Absicht wird anderer Person zugeschrieben |
Projektive Identifizierung | "negative" Selbstanteile (meist Aggression) wird abgespalten, auf Gegnüber projiziert, dann wird Gegenüber so manipuliert, dass es sich entsprechend verhält (sich mit der Projektion identifiziert), um dann den abgespaltenen Anteil im Gegenüber zu bekämpfen → intrapsychischer Konflikt wird wird interpersonell inszeniert / externalisiert → Stabilisation des innerpsychischen Gleichgewichjts auf Kosten der Beziehung zu anderen; typisch für Borderline |
Introjektion und Identifikation
Wehrt Angst vor Bedrohungen von außen ab durch das Einverleiben äußerer Einflüsse wie z. B. bestimmtes Verhalten, Anschauungen, Normen oder Werte einer anderen Person in die Ich-Struktur, sodass das Individuum sie nicht mehr als Bedrohungen von außen erleben muss.
Identifikation mit dem Aggressor
Bei einem gewaltsamen Übergriff bzw. einer psychischen Grenzüberschreitung wird die Verantwortung für das Geschehen sich selbst zugeschrieben und/oder die Einstellung oder das Verhalten eines Angreifers übernommen. Beides dient der Abwehr unerträglicher Angst- und Hilflosigkeitsgefühle und einer symbolischen Rückerlangung von Kontrolle.
Autoaggression
Aggressive Impulse werden gegen die eigene Person gerichtet und treffen so nicht die Person, der sie ursprünglich galten, um die Beziehung zu dieser Person nicht zu gefährden. Das interpersonelle Feld wird so von Störungen freigehalten, ein interpersoneller Konflikt wird zulasten eines intrapsychischen Konflikts vermieden.
Sublimierung oder Sublimation
Nicht erfüllte Triebwünsche werden durch gesellschaftlich höher bewertete Ersatzhandlungen ersetzt und damit befriedigt (Kunst, Wissenschaft, Musik, Sport, exzessive Arbeit). Typischerweise eignen sich für bestimmte Wünsche bestimmte Sublimationstechniken besonders gut. So werden aggressive Triebe oft durch Sport sublimiert, sexuelle Wünsche durch Beschäftigung mit schönen Künsten oder kindliche Neugierde durch wissenschaftliche Forschertätigkeit. Sublimierungen erfüllen die Befriedigung der Triebwünsche oft gut und werden dann nicht als psychopathologisch angesehen. Nach Freud ist die Sublimierung ein wichtiger Motor für die Kulturentwicklung.
Spaltung
Inkompatible Inhalte werden auf mehrere Objekte verteilt. Sowohl die Objekte als auch das Selbst werden in „gut“ und „böse“ oder „schlecht“ aufgeteilt. „Gute“ Anteile werden idealisiert, „böse“ oder „schlechte“ werden ent- bzw. abgewertet, verdammt oder dämonisiert. (Vgl. Entwertung)
Verneinung
Negierung eines Sachverhalts. Im Gegensatz zur Reaktionsbildung wird ein Gefühl oder eine Einstellung nicht durch deren Gegenteil ersetzt, sondern nur deren Vorhandensein verneint („Ich empfinde überhaupt nichts für XXX“).
Intellektualisierung
Entfernung vom unmittelbaren konfliktuösen Erleben durch Abstraktionsbildung und theoretisches Analysieren (z. B. abstrakte Gespräche über das Wesen der Liebe; Fachsimpeln unter Ärzten oder Therapeuten über schwierige Patienten oder solche, die in ihrem Leid als psychische Belastung erlebt werden), Philosophieren über Dinge, die eine verborgene emotionale Bedeutung für die Person haben.
Rationalisierung
Rational-logische Handlungsmotive werden als alleinige Beweggründe für Handlungen angegeben oder vorgeschoben. Gefühlshafte Anteile an Entscheidungen werden ignoriert oder unterbewertet.
Somatisierung
Nicht-Wahrnehmen eines Konflikts in seiner eigentlichen Gestalt, sondern in Form körperlicher Beschwerden. Diese haben jedoch keine symbolische Beziehung zum Konflikt.
Konversion
Umlagern eines psychischen Konflikts auf somatische Symptome, die eine symbolische Beziehung zum Konflikt haben. Entspricht dem früheren Hysteriebegriff (hysterische Blindheit, Lähmung).
Affektualisierung
Ein Ereignis oder Verhalten wird dramatisiert.
Entwertung/Idealisierung
Objekte werden unbewusst entwertet oder überhöht.
Gefühlsblockaden als Reaktion auf Gefahr
Unter dem Einfluss eines traumatischen Ereignisses, zum Beispiel wenn jemand einen nahen Angehörigen verliert, kann es zu einer Blockierung aller Affekte und Stimmungen kommen, also zu einer Extremform der Isolierung vom Affekt.[4]
Objektneutralisierung
Objekte werden für unwesentlich, unattraktiv und unwichtig gehalten. Damit wird vermieden, dass es im interpersonellen Feld zu intensiven Beziehungen kommt, deren Auswirkungen unangenehm sein könnten (z. B. wenn man bedroht würde, verletzt oder gekränkt zu werden).[5]
Selbstneutralisierung
In einer gefährlichen Situation hat die Person das Gefühl, selbst unwichtig zu sein. Wichtig sind nur die zu erreichenden Ziele. Bei Depressiven kann die Selbstneutralisierung vor Selbstvorwürfen schützen (wer sich selbst nicht wichtig nimmt, braucht sich keine Vorwürfe zu machen). [6]
Depersonalisation
Es kommt zur Veränderung der Körperwahrnehmung (z. B. Teile des Körpers werden in der Größe oder, wie bei Magersüchtigen, die gesamte Körpermaße werden verändert wahrgenommen). Hat oft das Ziel, ein Umsetzen von (i. d. R. aggressiven) Impulsen in motorisches Handeln zu erschweren.
Derealisation
Umwelt wird verändert erlebt. Die Art, wie sich die Umwelt verändert, kann Symbolgehalt haben. Manchmal wird die Umwelt als bedrohlich erlebt, wobei aggressive Impulse in die Umgebung projiziert werden.
Progression
ist das Gegenstück zur Regression. In einer gefährlichen Situation verhält sich jemand in einer erwachsenen Weise. Es findet eine Flucht in spätere Entwicklungsstadien statt. Zum Beispiel wenn die Mutter einer Zehnjährigen nicht mehr da ist, kümmert diese sich um jüngere Geschwister und wird zum Mutterersatz. Wenn die Belastung vorüber ist, kann es zu einer Regression über das Ausgangsniveau hinweg kommen.[3]