Depression: Unterschied zwischen den Versionen
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== "Depressives Glaubensbekenntnis" == | == "Depressives Glaubensbekenntnis" == | ||
Ich kann nichts | Ich kann nichts, | ||
ich bin nichts, | |||
ich bin nichts | keiner mag mich, | ||
ich kann nichts daran ändern, | |||
keiner mag mich | nichts wird sich zum Guten wenden, | ||
und an allem bin ich selber Schuld. | |||
ich kann nichts daran ändern | |||
nichts wird sich zum Guten wenden | |||
und an allem bin ich selber Schuld | |||
== Psychodynamik == | == Psychodynamik == |
Version vom 16. Dezember 2016, 13:59 Uhr
Grundlagen
- Punktprävalenz 5-10%
- Lebenszeitprävalenz 18%
- 1-Jahres-Prävalenz bei chron. Erkrankungen 10%
- bei 50% psychische oder somatische Komorbidität
- nach epidemiologischen Erhebungen keine Zunahme psych. Erkrankungen in den letzten 10 Jahren
- aber: deutliche Zunahme von AU-Tagen und AD-Verschreibungen ⇒ Diskrepanz in der Wahrnehmung?
- Verlauf:
- 10-20% Chronifizierung
- 20-30% partielle Remission
- 50% Remission, davon aber 60% Rückfall innerhalb von 5J.
- 50-80% psychische Komorbidität
Neurobiologie
- siehe auch Neurobiologie#Emotionsregulation
- Hippocampus unteraktiv/Volumenreaktion, Neurogenese↓ → reversibel; kognitive Funktionen/Pseudodemenz → oft AU-relevant
- PFC unteraktiv
- ACC unteraktiv
- Amygdala überaktiv/vergrößert
- Konsequenz für erfolgreiche Psychotherapie:
- Nutzen des Bindungssystems
- Aktivieren des limbischen Systems → emotional bedeutsame Erfahrungen
- dämpfen pathologischer Angst in der Amygdala
- Aufbau neuer Netzwerke mit Zugriff zu verhaltenssteuernden Systemen
Formen
- depressive Episode
- rezidivierende depressive Episode mit/ohne vollständiger Erholung
- Dysthymie (= "neurotische Depression") DD "depressive Persönlichkeitsstörung"
- Dysthymie + depressive Episode = double depression
- bipolare Störung
- leicht/mittel/schwer ohne/mit psychotischen Symptomen
Kriterien nach ICD-10
Hauptsymptome |
|
---|---|
Nebensymptome |
|
Schweregrad | Symptome gesamt | davon Hauptsymptome |
---|---|---|
leicht | 4 | 2 |
mittel | 6 | 2 |
schwer | 8 | 3 |
Therapie
- nach Leitlinie:
- leicht: 14d abwarten, bei Persistenz PT (oder AD)
- mittel: PT oder AD
- schwer: PT und AD
- nach 4 Wochen überprüfen:
- Besserung > 50%: Therapie fortsetzen
- Besserung < 50%: Therapie anapssen/ergänzen (z.B. Augmentation)
Psychotherapie
Pharmakotherapie
- siehe Antidepressiva
- Wechsel des Antidepressivums und AD-Kombination → kaum Nutzen
- Augmentation mit Lithium oder Atypika (z.B. Lamotrigin, Seroquel prolong) → nachgewiesener Nutzen bei chron. Depression und zur Rezidiv-Prophylaxe
- experimentell: Ketamin-Infusionen
sonstige Therapien
- Elektrokonvulsionstherapie (EKT):
- Auslösung eines Grand-Mal-Anfalles (= Wirkfaktor, nicht Strom selbst)
- bei Therapieresistenz, Stupor, psychotischer Symptomatik, unkontrollierbare Suizidalität
- unitemporal/bitemporal
- Serie, z.B. 12x; ggf. Erhaltungs-EKTs
- Krampfdauer möglichst > 20 s
- unter Kurznarkose, z.B. Propofol + Succinylcholin
- Verstärkung: Koffein; Abschwächung: Benzos
- keine MAO-Hemmer (Narkose-Risiko)
- Konsolidierung des Effektes z.B. durch Lithium, während der EKT-Serie aber niedrig dosiert
- Ketamin-Infusionen
- nicht-invasive Gehirnstimulation: transkranielle Magnetstimulation (TMS), transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS)
- Lichttherapie: v.a. bei saisonaler Depression (Herbst/Winter): tgl. morgens 30' bei 10.000 Lux; vermuteter Wirkmechanismus: Melatonin ↓
- Schafentzugstherapie:
- komplett/partiell (zweite Nachthälfte)
- Response 50% mit Sofortwirkung, aber nur kurz
- Schlafphasenverlagerung: am nächsten Tag Schlaf von 17h-24h, dann 18h-1:00h, etc.
Differentialdiagnose / Komorbiditäten
- psychische Erkrankungen:
- Schizophrenie (postremissives Erschöpfungssyndrom) / schizoaffektive Störung
- Angststörungen, Zwangsstörungen
- Suchterkrankungen
- somatoforme Störungen
- Persönlichkeitsstörungen
- ADHS
- somatische Erkrankungen mit hoher Depressions-Prävalenz:
- KVK (KHK, Herzinsuffizienz): 30%
- COPD: 25%
- Apolex: 25%
- Krebs: 40%
- Niereninsuffizienz/Dialyse: 20%
- körperliche Behinderung
- Schmerzerkankungen
- Demenz (→ Neuropsychologie, LP)
- M. Parkinson
- Depression als Risikofaktor:
- Diabetiker → Mortalität verdoppelt
- KHK doppelt so häufig → HRV reduziert
- 20% der KHK-Patienten → schwere Depression
- Risiko für Herzinfarkt ↑
- Risiko für Schlaganfall ↑ 35 – 45%
- potentiell depressiogene Pharmaka:
- Antihypertensiva, v.a. β-Blocker
- Steroide
- Kontrazeptiva
- Virustatika
- Depression als direkte Folge somatischer Erkrankung:
- (subklinische) Hypothreose, M. Cushing, M. Addison
- MS
- "vaskuläre Depression" bei SAE
- SHT
- Epilepsie
- Pophyrie
- Neoplasien
"Depressives Glaubensbekenntnis"
Ich kann nichts, ich bin nichts, keiner mag mich, ich kann nichts daran ändern, nichts wird sich zum Guten wenden, und an allem bin ich selber Schuld.
Psychodynamik
- depressiver Grundkonflikt nach Rudolf: Balance zwischen Selbst-Pol und Beziehungs-Pol
- Selbst-Pol zu stark: zu hohe eigene Ansprüche → introjektiv, resignativ, Autarkie-Bedürfnis
- Beziehungs-Pol zu stark: zu hoher Bindungswunsch → anaklitisch, Hilflosigkeit und Leere, Verlassensangst