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== Multiaxiales Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kinder- und Jugendalters ==
* '''Einteilungsmerkmale''':
** Symptomatik
** Zeit und Verlauf
** Ätiologie
* '''Nomenklatur''' = Begriffsdefinitionen
* '''Nosologie''' = Krankheitslehre, Einteilung von Krankheiten / Entitäten
** Annahme: eindeutige Ätiologie, spezifische Symptomatik, typischer Verlauf/Progrone, Therapie
** bei psychischen Krankheiten nicht möglich
* Krankheit = "ein Fall von..."
* '''Syndrom''' = Zustandsbild
* '''Klassifikation''':
** dimensional: Schweregrad
** kategorial: Zuordnung zu Kategorie
** Typen = typische Gebilde (z.B. Persönlichkeitsstörungen)


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== klinische Diagnostik ==
! Achse !! Titel !! Inhalt
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Achse 1 – klinisch.psychiatrisches Syndrom[Bearbeiten]In der ersten Achse werden die Diagnosen aus dem Kapitel V des ICD-10 genannt. Ausgenommen sind an dieser Stelle die Klassen F7 (Intelligenzminderung) und F8 (Entwicklungsstörungen) - F84: (tiefgreifende Entwicklungsstörungen) ist aber in der 1. Achse als Diagnose zulässig.
* psychoanalytisches Erstgespräch:
** Übertragung/Gegenübertragung
** gleichschwebende Aufmerksamkeit
* interaktionelles Interview nach Balint:
* biographische Anamnese nach Dührssen/Rudolf
* strukturelles Interview nach Kernberg: Persönlichkeitsorganisation, Funktionsniveau (neurotisch/Borderline/psychotisch)
* [[OPD]]
* '''Verhaltensbeobachtung''':
** beobachtbar
** subjektiv
** physiologisch (→ BFB)
* '''Verhaltenstest''':
** in sensu: Imagination
** in vivo: Experiment, Rollenspiel
** in vitro: Virtual Reality
* '''Selbstbeobachtung''': Tagebücher, Protokolle → nicht zu lange, in Therapie besprechen → Motivation
* '''soziale Anamnese''':
** Stressoren, typische Stressreaktion
** Arbeit
** Freizeit
** Wohnsituation
** soziale Anamnese
* '''Rollenkonflikte'''::
** Intra-Rollenkonflikt: z.B. Arzt → Patient, Arbeitgeber, Krankenkasse, Gemeinschaft, ...
** Inter-Rollenkonflikt: z.B. Beruf + Familie
* '''soziale Unterstützung''':
** emotional
** materiell/praktisch
** soziale Unterstützung
* '''körperliche Untersuchung''':
** essentiell!
** Patient → mit körperlichen Beschwerden angenommen, "abgeholt"
** intensiviert Beziehung
** Informationen auf Sach- und Beziehungsebene
** Übertragung/Gegenübertragung


Achse 2 – Umschriebene Entwicklungsrückstände[Bearbeiten]An dieser Stelle werden umschrieben Entwicklungsrückstände (beispielsweise F81.0 Lese- und Rechtschreibstörung) unabhängig von der Ursache beschrieben. Sie liegen nur dann vor, wenn Sie aus dem übrigen Entwicklungsniveau des Kindes oder des Jugendlichen herausfallen. Eine Entwicklungsstörung als Teil einer schweren geistigen Behinderung würde hier also nicht beschrieben werden.
== Klassifikationssysteme ==


Achse 3 – Intelligenzniveau[Bearbeiten]Auf dieser Achse wird das psychometrisch erfasste (also durch Tests) oder klinisch eingeschätzte Intelligenzniveau kodiert.
* ICD-10, DSM-IV / V
* deskriptiv-phänomenologisch = rein symptomorientiert → Syndromdiagnose
* operationalisierte Diagnostik:
** Ein-/Ausschlusskriterien, Zeit-/Verlaufskriterien
** Verknüpfungsregeln → Entscheidungsbäume → IDCL
* multiaxiale Ansätze
* Komorbiditätsprinzip → Haupt-/Nebendiagnosen → Abkehr von Hierarchie ("oberflächliche/tiefe Störungen)
* Vorteile:
** Reduktion der Komplexität → einfach
** Operationalisierung → Reliabilität, Validität, leichtere Komunikation
** leichtere Dokumentation
** Fallidentifikation in Epidemiologie
* Nachteile:
** nur Syndromdiagnose, keine Ätiologie
** nicht ausreichend für Therapieindikation → zusätzliche Diagnostik erforderlich
** Verarmung der psychopathologischen Befundes, verminderte Anschaulichkeit
** Gefahr der kategorialen Fehlzuordnung
** klinisch oft Unterschätzung, durch strukturierte Interviews oft Überschätzung der Komorbidität
* "Störung" statt Krankheit/Erkrankung
* Vermeidung von ätiologischen Begriffen wie psychogen, psychosomatisch, endogen, Neurose


Achse 4 – Krankheiten aus anderen Kapiteln des ICD-10[Bearbeiten]Nicht-psychiatrische Krankheiten und Syndrome werden hier auf der 4. Achse genannt. Allerdings wird auch hier nur die aktuelle Situation beschrieben. Ausnahmen können gemacht werden, wenn Symptome mit aktuellen körperlichen Krankheiten zusammenhängen. Diagnosen aus dem 5. Kapitel des ICD-10 dürfen hier also nicht auftauchen.
== multiaxiale Diagnostik ==


Achse 5 – Assoziierte aktuelle abnorme psychosoziale Umstände[Bearbeiten]Für die Ursache oder den Therapieverlauf wichtige abnorme psychosoziale Umstände (beispielsweise eine Behinderung eines Elternteils) sollten hier kodiert werden.
* ICD-10:
** I  Störungen:
** I a  Psychische Störungen
** I b  Persönlichkeitsstörungen
** I c  Störungen durch psychotrope Substanzen
** I d  körperliche Störungen
** II  soziale Funktionseinschränkung
** III psychosoziale Belastungsfaktoren
* [[OPD]]
* [[Multiaxiales Klassifikationsschema für psychische Störungen des Kinder- und Jugendalters]]


Achse 6 – Globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus[Bearbeiten]Inwieweit die psychologische, soziale oder schul-berufliche Funktion eingeschränkt ist, wird auf der 6. Achse kodiert. Die Beeinträchtigungen müssen als Folge einer psychischen Störung, einer Entwicklungsstörung oder einer intellektuellen Behinderung entstanden sein. Die Angaben sollen an dieser Stelle kompetenz- und nicht defizitbezogen gemacht werden.
[[Kategorie:Diagnostik]]
 
 
 
[[Kategorie:Grundlagen]]

Aktuelle Version vom 7. März 2016, 12:48 Uhr

  • Einteilungsmerkmale:
    • Symptomatik
    • Zeit und Verlauf
    • Ätiologie
  • Nomenklatur = Begriffsdefinitionen
  • Nosologie = Krankheitslehre, Einteilung von Krankheiten / Entitäten
    • Annahme: eindeutige Ätiologie, spezifische Symptomatik, typischer Verlauf/Progrone, Therapie
    • bei psychischen Krankheiten nicht möglich
  • Krankheit = "ein Fall von..."
  • Syndrom = Zustandsbild
  • Klassifikation:
    • dimensional: Schweregrad
    • kategorial: Zuordnung zu Kategorie
    • Typen = typische Gebilde (z.B. Persönlichkeitsstörungen)

klinische Diagnostik

  • psychoanalytisches Erstgespräch:
    • Übertragung/Gegenübertragung
    • gleichschwebende Aufmerksamkeit
  • interaktionelles Interview nach Balint:
  • biographische Anamnese nach Dührssen/Rudolf
  • strukturelles Interview nach Kernberg: Persönlichkeitsorganisation, Funktionsniveau (neurotisch/Borderline/psychotisch)
  • OPD
  • Verhaltensbeobachtung:
    • beobachtbar
    • subjektiv
    • physiologisch (→ BFB)
  • Verhaltenstest:
    • in sensu: Imagination
    • in vivo: Experiment, Rollenspiel
    • in vitro: Virtual Reality
  • Selbstbeobachtung: Tagebücher, Protokolle → nicht zu lange, in Therapie besprechen → Motivation
  • soziale Anamnese:
    • Stressoren, typische Stressreaktion
    • Arbeit
    • Freizeit
    • Wohnsituation
    • soziale Anamnese
  • Rollenkonflikte::
    • Intra-Rollenkonflikt: z.B. Arzt → Patient, Arbeitgeber, Krankenkasse, Gemeinschaft, ...
    • Inter-Rollenkonflikt: z.B. Beruf + Familie
  • soziale Unterstützung:
    • emotional
    • materiell/praktisch
    • soziale Unterstützung
  • körperliche Untersuchung:
    • essentiell!
    • Patient → mit körperlichen Beschwerden angenommen, "abgeholt"
    • intensiviert Beziehung
    • Informationen auf Sach- und Beziehungsebene
    • Übertragung/Gegenübertragung

Klassifikationssysteme

  • ICD-10, DSM-IV / V
  • deskriptiv-phänomenologisch = rein symptomorientiert → Syndromdiagnose
  • operationalisierte Diagnostik:
    • Ein-/Ausschlusskriterien, Zeit-/Verlaufskriterien
    • Verknüpfungsregeln → Entscheidungsbäume → IDCL
  • multiaxiale Ansätze
  • Komorbiditätsprinzip → Haupt-/Nebendiagnosen → Abkehr von Hierarchie ("oberflächliche/tiefe Störungen)
  • Vorteile:
    • Reduktion der Komplexität → einfach
    • Operationalisierung → Reliabilität, Validität, leichtere Komunikation
    • leichtere Dokumentation
    • Fallidentifikation in Epidemiologie
  • Nachteile:
    • nur Syndromdiagnose, keine Ätiologie
    • nicht ausreichend für Therapieindikation → zusätzliche Diagnostik erforderlich
    • Verarmung der psychopathologischen Befundes, verminderte Anschaulichkeit
    • Gefahr der kategorialen Fehlzuordnung
    • klinisch oft Unterschätzung, durch strukturierte Interviews oft Überschätzung der Komorbidität
  • "Störung" statt Krankheit/Erkrankung
  • Vermeidung von ätiologischen Begriffen wie psychogen, psychosomatisch, endogen, Neurose

multiaxiale Diagnostik