Kulturbezogene Erkrankungen: Unterschied zwischen den Versionen

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| Angstzustände und körperliche Beschwerden durch emotionale Traumata oder Mitleiden mit anderen  
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| Arktische Regionen, Inuit)
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| "arktische Hysterie": Prodromalstadium mit Rückzug über Stunden bis Tage, gefolgt von einem Anfall starker Verwirrtheit und Erregtheit (Dauer ca. 30 min.), in dem die Person sich nackt im Schnee wälzt, Gegenstände zerstört, irrationales, und teils selbstgefährdendes Verhalten zeigt, auch Glossolalie, Echolalie und Echopraxie kommen vor. Anschließend Bewusstseinsverlust bis zu 12 Stunden und nach Erwachen retrograde Amnesie
| "arktische Hysterie": Prodromalstadium mit Rückzug über Stunden bis Tage, gefolgt von einem Anfall starker Verwirrtheit und Erregtheit (Dauer ca. 30 min.), in dem die Person sich nackt im Schnee wälzt, Gegenstände zerstört, irrationales, und teils selbstgefährdendes Verhalten zeigt, auch Glossolalie, Echolalie und Echopraxie kommen vor. Anschließend Bewusstseinsverlust bis zu 12 Stunden und nach Erwachen retrograde Amnesie
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* [[Frigophobie]] (China): Angst vor Kälte oder Wind
| Frigophobie, Pa-leng
* [[Hsieh-ping]] (Taiwan): "Geisterkrankheit" mit Trancezuständen
| China, Taiwan
* [[Hikikomori]] (Japan): Menschen, die sich freiwillig in ihrer Wohnung oder ihrem Zimmer einschließen und den Kontakt zur Gesellschaft auf ein Minimum reduzieren
| unverhältnismäßige Angst vor Kälte oder Wind mit der Überzeugung, diese verursachten Müdigkeit, Impotenz oder Tod; Folge: zwanghaftes Tragen von viel und schwerer Kleidung
* [[Taijin Kyōfushō]] (Japan): soziale Angst, andere Personen durch bestimmtes Verhalten oder Auftreten zu beleidigen
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* [[Dhat-Syndrom]] (Indien): Furcht vor Samenverlust und daraus folgenden Verlust von Lebensenergie
| [https://de.wikipedia.org/wiki/Hikikomori Hikikomori]
| Japan
| Menschen, die sich freiwillig mindestens sechs Monate in ihrer Wohnung oder ihrem Zimmer einschließen und den Kontakt zur Gesellschaft auf ein Minimum reduzieren
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| [https://de.wikipedia.org/wiki/ Taijin Kyōfushō]
| Japan
| soziale Angst, andere Personen durch bestimmtes Verhalten oder Auftreten zu beleidigen (z.B. durch Augenkontakt, unangenehmen Körpergeruch, Erröten)
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|[https://de.wikipedia.org/wiki/Dhat-Syndrom Dhat-Syndrom]
| Indien
| Angst, mit dem Samen/Sperma seine Lebensenergie zu verlieren, während umgekehrt ein Zurückhalten der Ejakulation gesund ist zu einem langen Leben führt
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* [[Amok]] (Malaysia, Indonesien, Philippinen): Gewalthandlungen mit Todesfolgen
* [[Amok]] (Malaysia, Indonesien, Philippinen): Gewalthandlungen mit Todesfolgen
* [[Koro]] (Malaysia, Indonesien, Philippinen): Furcht davor, dass sich der Penis in das Körperinnere zurückzieht und der Tod eintritt; seltener bei Frauen, bei diesen bezogen auf Brüste oder Schamlippen
* [[Koro]] (Malaysia, Indonesien, Philippinen): Furcht davor, dass sich der Penis in das Körperinnere zurückzieht und der Tod eintritt; seltener bei Frauen, bei diesen bezogen auf Brüste oder Schamlippen

Version vom 30. November 2018, 19:05 Uhr

  • Synonym: kulturgebundenes/kulturabhängiges Syndrom
  • seit 1994 in DSM-IV, Übersicht der häufigsten kulturgebundenen Syndrome in Anhang 1
  • Diskussion zwischen Anthropologen und Psychiatern über Einordnung der Syndrome

Kriterien

  1. Syndrom gilt innerhalb der Kultur "echte" Krankheit
  2. Syndrom ist innerhalb der Kultur weitgehend gut bekannt
  3. Syndrom ist in anderen Kulturen unbekannt
  4. Es gibt keine nachweisbaren biochemischen oder organischen Ursachen
  5. Die Diagnose und Therapie erfolgen meist innerhalb der lokalen Volksmedizin

Beispiele

  • Amok (Malaysia, Indonesien, Philippinen): Gewalthandlungen mit Todesfolgen
  • Koro (Malaysia, Indonesien, Philippinen): Furcht davor, dass sich der Penis in das Körperinnere zurückzieht und der Tod eintritt; seltener bei Frauen, bei diesen bezogen auf Brüste oder Schamlippen
  • Latah (Malaysia, Indonesien, Philippinen): psychische Störung
Name Vorkommen Beschreibung
Ufufuyane Südafrika und Kenia Verhaltensstörung mit Schluchzen, Schreien, Neologismen, Lähmungen, Trance-ähnliche Benommenheit, Stupor, Krämpfe, Albträume mit sexuellen Inhalten; v.a. bei jungen, unverheirateten Frauen; Auslöser: "Zaubertränke", Anblick Mannes oder Fremden; Dauer: Tage bis Wochen
Anorexia nervosa, Bulimie Europa, Nordamerika seelisch bedingte Essstörungen
Susto Lateinamerika Angstzustände und körperliche Beschwerden durch emotionale Traumata oder Mitleiden mit anderen
Pibloktoq Arktische Regionen, Inuit) "arktische Hysterie": Prodromalstadium mit Rückzug über Stunden bis Tage, gefolgt von einem Anfall starker Verwirrtheit und Erregtheit (Dauer ca. 30 min.), in dem die Person sich nackt im Schnee wälzt, Gegenstände zerstört, irrationales, und teils selbstgefährdendes Verhalten zeigt, auch Glossolalie, Echolalie und Echopraxie kommen vor. Anschließend Bewusstseinsverlust bis zu 12 Stunden und nach Erwachen retrograde Amnesie
Frigophobie, Pa-leng China, Taiwan unverhältnismäßige Angst vor Kälte oder Wind mit der Überzeugung, diese verursachten Müdigkeit, Impotenz oder Tod; Folge: zwanghaftes Tragen von viel und schwerer Kleidung
Hikikomori Japan Menschen, die sich freiwillig mindestens sechs Monate in ihrer Wohnung oder ihrem Zimmer einschließen und den Kontakt zur Gesellschaft auf ein Minimum reduzieren
Taijin Kyōfushō Japan soziale Angst, andere Personen durch bestimmtes Verhalten oder Auftreten zu beleidigen (z.B. durch Augenkontakt, unangenehmen Körpergeruch, Erröten)
Dhat-Syndrom Indien Angst, mit dem Samen/Sperma seine Lebensenergie zu verlieren, während umgekehrt ein Zurückhalten der Ejakulation gesund ist zu einem langen Leben führt

Weblinks