Narzisstische Persönlichkeitsstörung: Unterschied zwischen den Versionen

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== Diagnose ==
* ICD-10: [[ICD-10-Persönlichkeitsstörung#narzisstische_PS]]
== Doppelte Selbstwertregulation: ==
== Doppelte Selbstwertregulation: ==


* hohe explizite Selbstwertschätzung (= positives Selbstschema): dysfunktionale Korrelate in Form von Selbstaufwertung bei Abwertung anderer, geringer Empathie und dominant-aggressivem Interaktionsverhalten
* hohe explizite Selbstwertschätzung (= positives Selbstschema): dysfunktionale Korrelate in Form von Selbstaufwertung bei Abwertung anderer, geringer Empathie und dominant-aggressivem Interaktionsverhalten
* geringe implizite Selbstwertschätzung (= negatives Selbstschema)  
* geringe implizite Selbstwertschätzung (= negatives Selbstschema)  
⇒ Selbstwertdiskrepanz ⇒ instabiler Selbstwert, dysfunktionale Strategien der Selbstwertstabilisierung, egozentrische Selbstaufwertung
* Selbstwertdiskrepanz ⇒ instabiler Selbstwert, dysfunktionale Strategien der Selbstwertstabilisierung, egozentrische Selbstaufwertung
 
* dysfunktionale und maladaptive Strategie zur Befriedigung von Grundbedürfnisen, die in der Entwicklungsgeschichte mißachtet wurden
→ dysfunktionale und maladaptive Strategie zur Befriedigung von Grundbedürfnisen, die in der Entwicklungsgeschichte mißachtet wurden
* inkompatible emotionale Kernselbstanteile, im Mittelpunkt problematische Emotionen wie Scham, Minderwertigkeit, Hilflosigkeit, Angst  
 
* intensiv, durch Erfahrung nicht modifizierbar oder korrigierbar, undifferenziert  
→ inkompatible emotionale Kernselbstanteile, im Mittelpunkt problematische Emotionen wie Scham, Minderwertigkeit, Hilflosigkeit, Angst  
* können nicht reguliert, sondern nur vermieden oder bekämpft werden  
 
* Aktivierung narzisstischer Schemata: Grandiosität, Perfektionismus, Illusion von Autonomie und Autarkie, Ärger, Aggressivität, Abwertung anderer
→ intensiv, durch Erfahrung nicht modifizierbar oder korrigierbar, undifferenziert  
* Störung der selbstbezogenen Emotionsregulation
 
→ können nicht reguliert, sondern nur vermieden oder bekämpft werden  
 
→ Aktivierung narzisstischer Schemata: Grandiosität, Perfektionismus, Illusion von Autonomie und Autarkie, Ärger, Aggressivität, Abwertung anderer
 
→ Störung der selbstbezogenen Emotionsregulation


=== negative Selbstschemata ===
=== negative Selbstschemata ===


* '''das inkompetente Selbst''' (''Scham, Hilfslosigkeit, Angst, Minderwertigkeit''): erlebte Demütigung, Verletzung und Bloßtellung angesichts subjektiven oder objektiven Scheiterns oder Versagens
# '''das inkompetente Selbst''' (''Scham, Hilfslosigkeit, Angst, Minderwertigkeit''): erlebte Demütigung, Verletzung und Bloßtellung angesichts subjektiven oder objektiven Scheiterns oder Versagens
 
# '''das verlassene Selbst''' (''Einsamkeit, innere Leere''): ausgelöst durch Situationen der Betätigungs- bzw. Ereignislosigkeit, dem auf sich selbst zurückgeworfen sein oder der Erkenntnis, von anderen abhängig zu sein; dieser aversive Zustand wird oft durch kompensatorische Hyperaktivität, Hypersexualität sowie Suchtmittelgebrauch bekämpft bzw. vermieden
* '''das verlassene Selbst''' (''Einsamkeit, innere Leere''): ausgelöst durch Situationen der Betätigungs- bzw. Ereignislosigkeit, dem auf sich selbst zurückgeworfen sein oder der Erkenntnis, von anderen abhängig zu sein; dieser aversive Zustand wird oft durch kompensatorische Hyperaktivität, Hypersexualität sowie Suchtmittelgebrauch bekämpft bzw. vermieden


=== grandiose Selbstschemata ===
=== grandiose Selbstschemata ===


→ dysfunktionale Bewältigungsstrategien (explizit hohes Selbstwertgefühl), um Aktivierung der negativen Selbstschemata zu vermeiden
* dysfunktionale Bewältigungsstrategien (explizit hohes Selbstwertgefühl), um Aktivierung der negativen Selbstschemata zu vermeiden
 
# '''das grandiose Selbst''' (''Euphorie, Stolz''): Grandiosität, Überlegenheit, Arroganz und Besonderheit, verbunden mit Selbstidealisierung
* '''das grandiose Selbst''' (''Euphorie, Stolz''): Grandiosität, Überlegenheit, Arroganz und Besonderheit, verbunden mit Selbstidealisierung
# '''das gekränkte Selbst''' (''Ärger, Wut, Neid''): bei Ausbleiben von antizipierter Gratifikation - vor allem im Zusammenhang mit dem Nicht-Erreichen angestrebter Ziele oder ausbleibender Anerkennung, Bewunderung oder Versorgung - reagieren die Patienten mit den genannten Emotionen; häufig einhergehend mit Abwertung der eigenen Person oder anderer und Aggressivität
 
# '''das distanzierte Selbst''' (''Gleichgültigkeit, Desinteresse''): um sich gegen äußere und innere Stimuli zu wappnen, welche negative Selbstschemata aktivieren können, nimmt der Patient eine desinteressierte, scheinbar unbeteiligte Haltung ein
* '''das gekränkte Selbst''' (''Ärger, Wut, Neid''): bei Ausbleiben von antizipierter Gratifikation - vor allem im Zusammenhang mit dem Nicht-Erreichen angestrebter Ziele oder ausbleibender Anerkennung, Bewunderung oder Versorgung - reagieren die Patienten mit den genannten Emotionen; häufig einhergehend mit Abwertung der eigenen Person oder anderer und Aggressivität
* bei Misslingen der Bewältigungsstrategien ⇒ depressive Einbrüche, Suizidalität, fremdaggressives Verhalten → bedeutende Rolle von '''Schamgefühlen'''
 
* '''das distanzierte Selbst''' (''Gleichgültigkeit, Desinteresse''): um sich gegen äußere und innere Stimuli zu wappnen, welche negative Selbstschemata aktivieren können, nimmt der Patient eine desinteressierte, scheinbar unbeteiligte Haltung ein
 
 
Bei Misslingen der Bewältigungsstrategien ⇒ depressive Einbrüche, Suizidalität, fremdaggressives Verhalten
 
→ bedeutende Rolle von '''Schamgefühlen'''
 
(aus: Handbuch der Borderline-Störungen herausgegeben von Birger Dulz, Sabine C. Herpertz, Otto F. Kernberg, Ulrich Sachsse)


[[Kategorie:Persönlichkeitsstörungen]]
[[Kategorie:Persönlichkeitsstörungen]]

Version vom 27. Februar 2016, 13:45 Uhr

Diagnose

Doppelte Selbstwertregulation:

  • hohe explizite Selbstwertschätzung (= positives Selbstschema): dysfunktionale Korrelate in Form von Selbstaufwertung bei Abwertung anderer, geringer Empathie und dominant-aggressivem Interaktionsverhalten
  • geringe implizite Selbstwertschätzung (= negatives Selbstschema)
  • Selbstwertdiskrepanz ⇒ instabiler Selbstwert, dysfunktionale Strategien der Selbstwertstabilisierung, egozentrische Selbstaufwertung
  • dysfunktionale und maladaptive Strategie zur Befriedigung von Grundbedürfnisen, die in der Entwicklungsgeschichte mißachtet wurden
  • inkompatible emotionale Kernselbstanteile, im Mittelpunkt problematische Emotionen wie Scham, Minderwertigkeit, Hilflosigkeit, Angst
  • intensiv, durch Erfahrung nicht modifizierbar oder korrigierbar, undifferenziert
  • können nicht reguliert, sondern nur vermieden oder bekämpft werden
  • Aktivierung narzisstischer Schemata: Grandiosität, Perfektionismus, Illusion von Autonomie und Autarkie, Ärger, Aggressivität, Abwertung anderer
  • Störung der selbstbezogenen Emotionsregulation

negative Selbstschemata

  1. das inkompetente Selbst (Scham, Hilfslosigkeit, Angst, Minderwertigkeit): erlebte Demütigung, Verletzung und Bloßtellung angesichts subjektiven oder objektiven Scheiterns oder Versagens
  2. das verlassene Selbst (Einsamkeit, innere Leere): ausgelöst durch Situationen der Betätigungs- bzw. Ereignislosigkeit, dem auf sich selbst zurückgeworfen sein oder der Erkenntnis, von anderen abhängig zu sein; dieser aversive Zustand wird oft durch kompensatorische Hyperaktivität, Hypersexualität sowie Suchtmittelgebrauch bekämpft bzw. vermieden

grandiose Selbstschemata

  • dysfunktionale Bewältigungsstrategien (explizit hohes Selbstwertgefühl), um Aktivierung der negativen Selbstschemata zu vermeiden
  1. das grandiose Selbst (Euphorie, Stolz): Grandiosität, Überlegenheit, Arroganz und Besonderheit, verbunden mit Selbstidealisierung
  2. das gekränkte Selbst (Ärger, Wut, Neid): bei Ausbleiben von antizipierter Gratifikation - vor allem im Zusammenhang mit dem Nicht-Erreichen angestrebter Ziele oder ausbleibender Anerkennung, Bewunderung oder Versorgung - reagieren die Patienten mit den genannten Emotionen; häufig einhergehend mit Abwertung der eigenen Person oder anderer und Aggressivität
  3. das distanzierte Selbst (Gleichgültigkeit, Desinteresse): um sich gegen äußere und innere Stimuli zu wappnen, welche negative Selbstschemata aktivieren können, nimmt der Patient eine desinteressierte, scheinbar unbeteiligte Haltung ein
  • bei Misslingen der Bewältigungsstrategien ⇒ depressive Einbrüche, Suizidalität, fremdaggressives Verhalten → bedeutende Rolle von Schamgefühlen