Schwindel: Unterschied zwischen den Versionen
Aus psych-med
Daniel (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „== psychogener = somatoformer = phobischer Schwindel == * typisch: ** Besserung unter Ablenkung ** stärker bei einfachen Übungen (Seiltänzergang) als bei sch…“) |
Daniel (Diskussion | Beiträge) KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
||
(3 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
== periphere Schwindelsyndrome == | |||
* BPPV | |||
* M. Menière | |||
* Neuritis verstibularis | |||
* bilaterale Vestibulopathie | |||
* Vestibularisparoxysmie | |||
* Perilymphfistel | |||
== psychogener = somatoformer = phobischer Schwindel == | == psychogener = somatoformer = phobischer Schwindel == | ||
* | * Charakteristika: | ||
** Schwankschwindel, Gang- und Standunsicherheit bei unauffälligem neurologischen Befund | |||
** Besserung unter Ablenkung | ** Besserung unter Ablenkung | ||
** stärker bei einfachen Übungen (Seiltänzergang) als bei schwierigen (Einbeinhüpfen) | ** stärker bei einfachen Übungen (Seiltänzergang) als bei schwierigen (Einbeinhüpfen) | ||
** fluktuierende Unsicherheit mit Fallangst, aber ohne Stürze | |||
** gelegentlich vegetative Begleitsymptomatik (Angst!) | |||
** Auslösung/Verstärkung in typischen Situationen: Menschenansammlungen, Autofahren | |||
** oft Besserung durch Alkohol oder Sport | |||
** oft Vermeidungsverhalten | |||
** Auslöser oft vestibuläre Störung/BPLS oder Belastungssituation | |||
* Therapie: | |||
** komplette Diagnostik → Abholen, Angst nehmen | |||
** Psychoedukation | |||
** Desensibilisierung durch Eigenexposition, Sport | |||
** ggf. SSRI und [[KVT]] | |||
== Neuritis vestibularis == | |||
* V.a. virale Genese (HSV Typ 1) | |||
* Schädigung wahrscheinlich durch Druck im knöchernen Kanal | |||
=== Symptome === | |||
* anhaltender Dauerdrehschwindel mit Oszillopsien und Kippung der subjektiven Vertikalen zur betroffenen Seite | |||
* dadurch Gangabweichung und Fallneigung zur betroffenen Seite | |||
* horizontal rotierender Spontannystagmus zur nicht betroffenen Seite, durch visuelle Fixation meist unterdrückbar (Frenzel-Brille!) | |||
* Übelkeit, Erbrechen | |||
* einseitige Funktionsstörung des horiontalen Bogenganges bei klinischer VOR-Testung (Halmagyi-Kopfimpulstest) und kalorischer Prüfung | |||
* '''KEINE''' Hörstörung, Tinnitus, neurologische Ausfälle | |||
=== Therapie === | |||
* medikamentös: | |||
** symptomatisch: in der ersten Tagen [[Schwindel#Antivertiginosa|Antivertiginosa]] | |||
** kausal: Methylprednisolon 100 mg p.o., jeden 4. Tag um 20 mg reduzieren | |||
* Verbesserung der zentralen Kompensation: vestibuläres Trainingsprogramm: | |||
** willkürliche Augenbewegungen und Fixation → Training der Blickstabilisation | |||
** aktive Kopfbewegungen → Neueineichung des VOR | |||
** Balance-/Ziel-/Gehübungen → Verbesserung der vestibulospinalen Haltungsregulation und Zielmotorik (Physiotherapie) | |||
== M. Menière == | |||
* Pathophysiologie: Endolymphhydrops | |||
* Ruptur der Endolymphmembran und/oder Öffnung von Kationenkanälen → Kalium ↑ ⇒ Depolarisation | |||
=== Symptome === | |||
* rezidivierende, Minuten bis Stunden anhaltende Attacken | |||
* Schwindel, einseitige Hörminderung, Tinnitus und Ohrdruckgefühl | |||
* im Verlauf meist bleibende Hörminderung und vestibuläres Defizit | |||
=== Therapie === | |||
* Ziel: Attackenprophylaxe | |||
** Gentamicin und Steroiden (transtympanale Instillation) | |||
** Betahistin-dihydrochlorid: hochdosiert, langdauernd (3 x 48 mg/d für 12 Monate) → nach Studienlage wirkungslos! | |||
== Antivertiginosa == | |||
* Indikation: symptomatische Behandlung von Schwindel, Nausea, Erbrechen | |||
* nur für wenige Tage, da sonst Hemmung der zentralen Kompensation, Gefahr der Abhängigkeit | |||
{| class="wikitable" | |||
! Wirkstoff !! Dosis !! Mechanismus | |||
|- | |||
| Scopolamin | |||
| transdermal 1,0 mg/72h | |||
| Anticholinergikum/Muskarinantagonist | |||
|- | |||
| Dimenhydrat <br>(Vomex) | |||
| 50 mg p.o. alle 4-6h<br>150 mg supp. 1-2x/d | |||
| Antihistaminikum (H1) | |||
|- | |||
| Perazin<br>(Taxilan) | |||
| 6,5 mg alle 6h | |||
| Phenothiazin, Muskarin-/Dopaminantagonist (D2) | |||
|- | |||
| Diazepam<br>Clonazepam | |||
| 5-10 mg alle 4-6h<br>0,5 mg alle 4-8h | |||
| Benzodiazepine, GABA-A-Antagonist | |||
|} | |||
[[Kategorie:Neurologie]] | [[Kategorie:Neurologie]] |
Aktuelle Version vom 24. Februar 2016, 17:18 Uhr
periphere Schwindelsyndrome
- BPPV
- M. Menière
- Neuritis verstibularis
- bilaterale Vestibulopathie
- Vestibularisparoxysmie
- Perilymphfistel
psychogener = somatoformer = phobischer Schwindel
- Charakteristika:
- Schwankschwindel, Gang- und Standunsicherheit bei unauffälligem neurologischen Befund
- Besserung unter Ablenkung
- stärker bei einfachen Übungen (Seiltänzergang) als bei schwierigen (Einbeinhüpfen)
- fluktuierende Unsicherheit mit Fallangst, aber ohne Stürze
- gelegentlich vegetative Begleitsymptomatik (Angst!)
- Auslösung/Verstärkung in typischen Situationen: Menschenansammlungen, Autofahren
- oft Besserung durch Alkohol oder Sport
- oft Vermeidungsverhalten
- Auslöser oft vestibuläre Störung/BPLS oder Belastungssituation
- Therapie:
- komplette Diagnostik → Abholen, Angst nehmen
- Psychoedukation
- Desensibilisierung durch Eigenexposition, Sport
- ggf. SSRI und KVT
Neuritis vestibularis
- V.a. virale Genese (HSV Typ 1)
- Schädigung wahrscheinlich durch Druck im knöchernen Kanal
Symptome
- anhaltender Dauerdrehschwindel mit Oszillopsien und Kippung der subjektiven Vertikalen zur betroffenen Seite
- dadurch Gangabweichung und Fallneigung zur betroffenen Seite
- horizontal rotierender Spontannystagmus zur nicht betroffenen Seite, durch visuelle Fixation meist unterdrückbar (Frenzel-Brille!)
- Übelkeit, Erbrechen
- einseitige Funktionsstörung des horiontalen Bogenganges bei klinischer VOR-Testung (Halmagyi-Kopfimpulstest) und kalorischer Prüfung
- KEINE Hörstörung, Tinnitus, neurologische Ausfälle
Therapie
- medikamentös:
- symptomatisch: in der ersten Tagen Antivertiginosa
- kausal: Methylprednisolon 100 mg p.o., jeden 4. Tag um 20 mg reduzieren
- Verbesserung der zentralen Kompensation: vestibuläres Trainingsprogramm:
- willkürliche Augenbewegungen und Fixation → Training der Blickstabilisation
- aktive Kopfbewegungen → Neueineichung des VOR
- Balance-/Ziel-/Gehübungen → Verbesserung der vestibulospinalen Haltungsregulation und Zielmotorik (Physiotherapie)
M. Menière
- Pathophysiologie: Endolymphhydrops
- Ruptur der Endolymphmembran und/oder Öffnung von Kationenkanälen → Kalium ↑ ⇒ Depolarisation
Symptome
- rezidivierende, Minuten bis Stunden anhaltende Attacken
- Schwindel, einseitige Hörminderung, Tinnitus und Ohrdruckgefühl
- im Verlauf meist bleibende Hörminderung und vestibuläres Defizit
Therapie
- Ziel: Attackenprophylaxe
- Gentamicin und Steroiden (transtympanale Instillation)
- Betahistin-dihydrochlorid: hochdosiert, langdauernd (3 x 48 mg/d für 12 Monate) → nach Studienlage wirkungslos!
Antivertiginosa
- Indikation: symptomatische Behandlung von Schwindel, Nausea, Erbrechen
- nur für wenige Tage, da sonst Hemmung der zentralen Kompensation, Gefahr der Abhängigkeit
Wirkstoff | Dosis | Mechanismus |
---|---|---|
Scopolamin | transdermal 1,0 mg/72h | Anticholinergikum/Muskarinantagonist |
Dimenhydrat (Vomex) |
50 mg p.o. alle 4-6h 150 mg supp. 1-2x/d |
Antihistaminikum (H1) |
Perazin (Taxilan) |
6,5 mg alle 6h | Phenothiazin, Muskarin-/Dopaminantagonist (D2) |
Diazepam Clonazepam |
5-10 mg alle 4-6h 0,5 mg alle 4-8h |
Benzodiazepine, GABA-A-Antagonist |