Verhaltenstherapie: Unterschied zwischen den Versionen

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* unspezifische und störungsspezifische Verfahren
* unspezifische und störungsspezifische Verfahren
* Störungsdiagnostik/Problemanalyse → prädisponierende/auslösende/aufrechterhaltende Bedingungen → konkrete/operationalisiert Ziele
* Störungsdiagnostik/Problemanalyse → prädisponierende/auslösende/aufrechterhaltende Bedingungen → konkrete/operationalisiert Ziele
* '''Therapie als Problemlöseprozess''' → Therapeut als Veränderungsassistent
* Verhaltensanalyse Makro-/Mikroebene → SORCK-Modell → '''Therapie = Hypothesentesten'''
* Prinzipien:
* Prinzipien:
** problemorientiert → '''prädisponierende - auslösende - aufrechterhaltende Bedingungen'''
** problemorientiert → '''prädisponierende - auslösende - aufrechterhaltende Bedingungen'''
** zielorientiert
** zielorientiert → operationalisiert
** handlungsorientiert
** handlungsorientiert
** nicht auf Therapiesetting begrenzt
** nicht auf Therapiesetting begrenzt
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== Methoden ==
== Methoden ==


* '''respondente Verfahren''' → R-Variable:
=== respondente Verfahren (→ R-Variable) ===
** '''systematische Desensibilisierung'''
 
*** Entspannung lernen (meist PME)
* '''systematische Desensibilisierung'''
*** Angsthierarchie erstellen
** Entspannung lernen (meist PME)
*** graduierte Exposition unter Entspannung (20s, in sensu/invivo)
** Angsthierarchie erstellen
** '''Exposition''' = Konfrontation mit Reaktionsverhinderung
** graduierte Exposition unter Entspannung  
*** '''Flooding''': effektiver, aber belastender
*** in sensu/in vivo
*** graduiert = hierarchisch gestuft
*** kurze Sequenzen (20s), häufige Wiederholungen
** '''Soziales Kompetenztraining''', Selbstsicherheitstraining
*** insgesamt ca. 30', bis zu 5 Angstitems
** '''Problemlösetraining''' (Problemdefinition, Brainstorming, Lösungen bewerten/auswählen, Umsetzung, Evaluation)
* '''Exposition''' = Konfrontation mit Reaktionsverhinderung
** '''Kommunikationstraining''': Ich-/Du-Botschaften, [[Vier-Ohren-Modell]], Gewaltfreie Kommunikation
** '''Flooding''': effektiver, aber belastender als graduiert → Motivation
** Rollenspiel
** graduiert = hierarchisch gestuft
* '''kognitive Verfahren''' → O-Variable:
* '''Soziales Kompetenztraining''', Selbstsicherheitstraining
** verdeckt: Gegenkonditionierung, Verstärkung/Löschung, Modelllernen
** Einstellungen zu sich selbst, eigene Rechte
** [[Rational-Emotive Verhaltenstherapie]] nach Ellis
** soziale Fertigkeiten: Kontakt herstellen, Forderungen stellen, Nein-sagen und kritisieren
** [[Kognitive Verhaltenstherapie]]
** soziale Ängste und Hemmungen: sich öffentlicher Beobachtung stellen, sich Fehler erlauben
* '''Modelllernen''' → R-Variable:
* '''Problemlösetraining'''
** Lernen durch Beobachtung/am Modell (A. Bandura)
*# Problemanalyse
** "Modell" kann auch verbal oder symbolisch sein
*# Zieldefinition
** soziale Lerntheorie → Einschätzung der eigenen Wirksamkeitskompetenz
*# Brainstorming
*** therapeutische Implikation:
*# Lösungen bewerten/auswählen
**** Pat. schnell Erfahrung von Selbstwirksamkeit machen lassen
*# Umsetzung
**** → gestufte Aufgaben (Erfolge!) und viel Eigenverantwortung (Selbstwirksamkeit)
*# Evaluation)
**** größtmögliche Transparenz
* '''Kommunikationstraining''': Ich-/Du-Botschaften, [[Vier-Ohren-Modell]], Gewaltfreie Kommunikation
* '''operante Verfahren''' → C-Variable:
* Rollenspiel
** Aufbau von Verhalten (positive/negative Verstärkung):
 
*** '''Shaping''': Differenzierungslernen = Lernen neuer Verhaltensweisen durch Verstärkung jeder weiteren Annäherung, schrittweise Erhöhung der Anforderungen
=== kognitive Verfahren (→ O-Variable) ===
*** '''Chaining''': Verknüpfung bereits gelernter Verhaltenssequenzen, Verstärkung des jeweils letzten Schrittes
 
*** '''Prompting''': Aufbau  erwünschten  Verhaltens  durch  verbale  oder  nonverbale Hilfestellungen (konkrete Instruktionen, Bekräftigungen, nonverbale Hinweise)
* verdeckt: Gegenkonditionierung, Verstärkung/Löschung, Modelllernen
*** '''Fading''': schrittweise Zurücknahme  aller  Hilfestellungen  und  Verstärker → Transfer in natürliche Umgebung, Fähigkeit zur Selbstverstärkung
* [[Rational-Emotive Verhaltenstherapie]] nach Ellis
*** '''Token Economies''' (positive Verstärkung):
* [[Kognitive Verhaltenstherapie]]
**** Token = generalisierter (operant konditionierter) Verstärker
 
**** zeitlich kontingente Verstärkung = Überbrückung bis zur primären Verstärkung
=== Modelllernen (→ R-Variable) ===
** Abbau von Verhalten (direkte/indirekte Bestrafung):
 
*** Löschung
* Lernen durch Beobachtung/am Modell (A. Bandura)
*** Time-out: z.B. wenn verstärker nicht bekannt oder schwer kontrollierbar
* "Modell" kann auch verbal oder symbolisch sein
*** Sättigung
* "Mastery Modell": beherrschen mühelos das Zielverhalten (z.B. Therapeut)
*** '''Response-Cost''' (Verstärkerentzug = Bestrafung Typ II)
* "Coping Modell": bewältigt Schritte langsamer, mit Schwierigkeiten (Angst), weniger kompetent (z.B. Mitpatient) → effektiver
** Aversionsverfahren
* soziale Lerntheorie → Einschätzung der eigenen Wirksamkeitskompetenz
** '''Habit reversal training''' bei automatisierten Verhaltensweisen (z.B. Tics, skin picking)
** therapeutische Implikation:
*** Selbstwahrnehmungstraining: Beobachtung, Beschreibung, Erkennung, Frühwarnzeichen, Auslöser
*** Pat. schnell Erfahrung von Selbstwirksamkeit machen lassen
*** Erlernen inkompatibler Reaktionen
*** → gestufte Aufgaben (Erfolge!) und viel Eigenverantwortung (Selbstwirksamkeit)
*** Generalisierung
*** größtmögliche Transparenz
 
===  operante Verfahren (→ C-Variable) ===
 
* wichtig: Kontingenz → klarer zeitlicher und kausaler Zusammenhang
 
==== Aufbau von Verhalten (positive/negative Verstärkung) ====
 
* '''Shaping''': Differenzierungslernen = Zerlegen und Üben von Teilschritten → Lernen neuer Verhaltensweisen durch Verstärkung jeder weiteren Annäherung, schrittweise Erhöhung der Anforderungen
* '''Chaining''': Verknüpfung bereits gelernter Verhaltenssequenzen, Verstärkung des jeweils letzten Schrittes
* '''Prompting''': Aufbau  erwünschten  Verhaltens  durch  verbale  oder  nonverbale Hilfestellungen (konkrete Instruktionen, Bekräftigungen, nonverbale Hinweise)
* '''Fading''': schrittweise Zurücknahme  aller  Hilfestellungen  und  Verstärker → Transfer in natürliche Umgebung, Fähigkeit zur Selbstverstärkung
* '''Token Economies''' (positive Verstärkung):
** Token = generalisierter (operant konditionierter) Verstärker
** zeitlich kontingente Verstärkung = Überbrückung bis zur primären Verstärkung
* Kontigenzverträge = Therapieverträge
 
==== Abbau von Verhalten (direkte/indirekte Bestrafung) ====
 
* '''Bestrafung''': aversiver Reiz oder Verstärkerentzug
* '''Löschung''': Entfernen der positiven Verstärker ("Ignorieren")
* '''Time-out''': z.B. wenn Verstärker nicht bekannt oder schwer kontrollierbar
* '''Sättigung'''
* '''Response-Cost''' = Verstärkerentzug = Bestrafung Typ II
 
==== Aversionsverfahren ====
 
* heute weitgehend obsolet
 
==== Habit reversal training ====
 
* bei automatisierten Verhaltensweisen (z.B. Tics, skin picking)
*# Selbstwahrnehmungstraining: Beobachtung, Beschreibung, Erkennung, Frühwarnzeichen, Auslöser
*# Erlernen inkompatibler Reaktionen
*# Generalisierung


[[Kategorie:Therapie]]
[[Kategorie:Therapie]]

Aktuelle Version vom 9. Mai 2016, 21:17 Uhr

Definition

  • psychotherapeutische Grundorientierung, Anspruch empirischer Beweisbarkeit
  • heterogene Gruppe, gemeinsame Grundannahme: Änderung von Verhalten = Lernvorgänge
  • basiert auf
  • unspezifische und störungsspezifische Verfahren
  • Störungsdiagnostik/Problemanalyse → prädisponierende/auslösende/aufrechterhaltende Bedingungen → konkrete/operationalisiert Ziele
  • Therapie als Problemlöseprozess → Therapeut als Veränderungsassistent
  • Verhaltensanalyse Makro-/Mikroebene → SORCK-Modell → Therapie = Hypothesentesten
  • Prinzipien:
    • problemorientiert → prädisponierende - auslösende - aufrechterhaltende Bedingungen
    • zielorientiert → operationalisiert
    • handlungsorientiert
    • nicht auf Therapiesetting begrenzt
    • transparent
    • Hilfe zur Selbsthilfe

Geschichte

  • Ursprung: Lernpsychologie

"Erste Welle" - Behaviourismus

  • "Leid basiert auf pathologischer Lerngeschichte": S → R → K
    ⇒ "Ändere Dein Verhalten und Du hörst auf zu leiden!"
  • aus Verhaltensexperimenten mit Tieren:

"Zweite Welle" - kognitive Wende/VT

  • "Leid basiert auf Fehler in der Informationsverarbeitung": S → O → R → K
    ⇒ "Ändere Dein Denken und Du hörst auf zu leiden!"
  • "Organismusvariable" - innere Bedingungen (Einstellungen, Denken, Fühlen)
  • Kognitive Verhaltenstherapie

"Dritte Welle"

  • "Menschliches Leid ist unvermeidbar, Teil der Normalität"
    ⇒ "Ändere die Beziehung zu Deinem Denken und Fühlen (→ Achtsamkeit und Akzeptanz) und handle nach dem, was Dir wichtig ist!"
  • Balance zwischen Akzeptanz und Veränderungsmotivation, Achtsamkeit, Selbstverpflichtung (Commitment), Spiritualität, Transparenz, Training von Fertigkeiten

Formen:

Methoden

respondente Verfahren (→ R-Variable)

  • systematische Desensibilisierung
    • Entspannung lernen (meist PME)
    • Angsthierarchie erstellen
    • graduierte Exposition unter Entspannung
      • in sensu/in vivo
      • kurze Sequenzen (20s), häufige Wiederholungen
      • insgesamt ca. 30', bis zu 5 Angstitems
  • Exposition = Konfrontation mit Reaktionsverhinderung
    • Flooding: effektiver, aber belastender als graduiert → Motivation
    • graduiert = hierarchisch gestuft
  • Soziales Kompetenztraining, Selbstsicherheitstraining
    • Einstellungen zu sich selbst, eigene Rechte
    • soziale Fertigkeiten: Kontakt herstellen, Forderungen stellen, Nein-sagen und kritisieren
    • soziale Ängste und Hemmungen: sich öffentlicher Beobachtung stellen, sich Fehler erlauben
  • Problemlösetraining
    1. Problemanalyse
    2. Zieldefinition
    3. Brainstorming
    4. Lösungen bewerten/auswählen
    5. Umsetzung
    6. Evaluation)
  • Kommunikationstraining: Ich-/Du-Botschaften, Vier-Ohren-Modell, Gewaltfreie Kommunikation
  • Rollenspiel

kognitive Verfahren (→ O-Variable)

Modelllernen (→ R-Variable)

  • Lernen durch Beobachtung/am Modell (A. Bandura)
  • "Modell" kann auch verbal oder symbolisch sein
  • "Mastery Modell": beherrschen mühelos das Zielverhalten (z.B. Therapeut)
  • "Coping Modell": bewältigt Schritte langsamer, mit Schwierigkeiten (Angst), weniger kompetent (z.B. Mitpatient) → effektiver
  • soziale Lerntheorie → Einschätzung der eigenen Wirksamkeitskompetenz
    • therapeutische Implikation:
      • Pat. schnell Erfahrung von Selbstwirksamkeit machen lassen
      • → gestufte Aufgaben (Erfolge!) und viel Eigenverantwortung (Selbstwirksamkeit)
      • größtmögliche Transparenz

operante Verfahren (→ C-Variable)

  • wichtig: Kontingenz → klarer zeitlicher und kausaler Zusammenhang

Aufbau von Verhalten (positive/negative Verstärkung)

  • Shaping: Differenzierungslernen = Zerlegen und Üben von Teilschritten → Lernen neuer Verhaltensweisen durch Verstärkung jeder weiteren Annäherung, schrittweise Erhöhung der Anforderungen
  • Chaining: Verknüpfung bereits gelernter Verhaltenssequenzen, Verstärkung des jeweils letzten Schrittes
  • Prompting: Aufbau erwünschten Verhaltens durch verbale oder nonverbale Hilfestellungen (konkrete Instruktionen, Bekräftigungen, nonverbale Hinweise)
  • Fading: schrittweise Zurücknahme aller Hilfestellungen und Verstärker → Transfer in natürliche Umgebung, Fähigkeit zur Selbstverstärkung
  • Token Economies (positive Verstärkung):
    • Token = generalisierter (operant konditionierter) Verstärker
    • zeitlich kontingente Verstärkung = Überbrückung bis zur primären Verstärkung
  • Kontigenzverträge = Therapieverträge

Abbau von Verhalten (direkte/indirekte Bestrafung)

  • Bestrafung: aversiver Reiz oder Verstärkerentzug
  • Löschung: Entfernen der positiven Verstärker ("Ignorieren")
  • Time-out: z.B. wenn Verstärker nicht bekannt oder schwer kontrollierbar
  • Sättigung
  • Response-Cost = Verstärkerentzug = Bestrafung Typ II

Aversionsverfahren

  • heute weitgehend obsolet

Habit reversal training

  • bei automatisierten Verhaltensweisen (z.B. Tics, skin picking)
    1. Selbstwahrnehmungstraining: Beobachtung, Beschreibung, Erkennung, Frühwarnzeichen, Auslöser
    2. Erlernen inkompatibler Reaktionen
    3. Generalisierung